Eskimo

Eskimo
Ẹs|ki|mo
I 〈m. 6 oder m.; -, -; z. T. als diskriminierend empfundene Bez. für〉 Inuit
II 〈n.; -; unz.〉 die Sprache der Inuit; Sy Eskimosprache
III 〈m. 6nach den Eskimos (I) benannter schwerer Mantelstoff
[<frz. esquimau; weitere Herkunft unsicher; vielleicht <indian. ayaskimew „Schneeschuhflechter“ od. esquimantsic „Rohfleischesser“]

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1Ẹs|ki|mo, der; -[s], -[s]:
1. [wohl Fremdbez. für diese Völkergruppe aus nordostamerik. Indianersprachen (Algonkin), früher fälschlich übersetzt mit »Rohfleischesser«] Angehöriger einer in arktischen u. subarktischen Gebieten (bes. in Grönland) lebenden Völkergruppe; Inuk:
R das haut den stärksten E. vom Schlitten (salopp; das ist wirklich umwerfend, verblüfft einen sehr).
2. <o. Pl.> schwerer Mantelstoff.
Die Bezeichnung Eskimo wird gelegentlich als diskriminierend empfunden, auch wenn die Wortherkunft »Rohfleischesser« inzwischen sprachwissenschaftlich umstritten ist. Als Ausweichbezeichnung (im Plural) wurde Inuit vorgeschlagen; diese bezieht sich jedoch nur auf einen Teil der Völkergruppe.
2Ẹs|ki|mo, das; -:
Eskimoisch.

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I
Ẹskimo
 
[von Nordost-Algonkin ayaskimew »Schneeschuhflechter«] der, -/-, Sammelname für die sprachlich verwandten Volksgruppen der Yúpigyt (Yuit, Asiatische
 
Eskimos), Yupíghet (Sankt-Lorenz-Eskimos), Yúppik (Westalaskaeskimos), Súxpiaq oder Alútiiq (Südalaskaeskimos), Inyupiat (Nordaslaskaeskimos), Inuvialuit (Mackenzieeskimos), Inuit (Zentraleskimos), Inuhuit (Polareskimos), Inusuit (Westgrönlandeskimos) und Iivit (Ostgrönlandeskimos) im Bereich der nordamerikanischen Arktis und im äußersten Nordosten Sibiriens mit (1994) 135 000 Angehörigen. In den Küstengebieten der arktischen Tundra und im Kanadisch-Arktischen Archipel lebten die Eskimos früher im Wesentlichen als Jäger von Seesäugern (Robben, Wale), Seevögeln und als Fischer. Einige Binnenlandeskimos stellten hauptsächlich Rentieren nach.
 
Traditionelle Eskimogemeinschaften setzten sich aus prinzipiell gleichberechtigten Mitgliedern zusammen, lediglich im Westen Alaskas genossen die mächtigen Eigner der Walboote Privilegien und erhoben sich über die Masse der Gemeinen und Sklaven (Kriegsgefangene). Auch im Süden Alaskas war unter dem Einfluss der Nordwestküstenindianer eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft entstanden. Tief greifende Veränderungen der angestammten Kultur wurden früh im 20. Jahrhundert wirksam. Von Händlern ermuntert, gingen viele Gruppen dazu über, Pelztiere zu fangen. Neue Jagdwaffen (Gewehre) und Jagdmethoden zogen soziale Deformierungen (Individualisierung, Trend zu Kleingruppen, Bedeutungsverlust überlieferter Verteilungsregeln) nach sich, unterwarfen die Eskimos dem Diktat des Weltmarktes (Preisschwankungen, Modewechsel) und machten sie von den Produkten der Weißen abhängig. Neue Arbeitsplätze schufen die Einrichtungen der Erdölindustrie und Militärbasen. Heute leben die Eskimos in Fertighäusern und Wohncontainern; traditionelle Behausungen, im Winter zum Teil Iglus, im Sommer mit Fellen oder Rasensoden gedeckte Häuser aus Treibholz, Walknochen und Steinen sowie Zelte, sind weitgehend verschwunden; die Schulpflicht wurde eingeführt, Krankenstationen und ärztliche Betreuung stehen ständig zur Verfügung, Anspruch auf Arbeitslosenhilfe und moderne Kommunikationsmittel beschleunigten den Prozess der Assimilierung. Immer weniger benötigen die Eskimos ihre hervorragend entwickelten Techniken der Anpassung an das extreme arktische Milieu (neben dem nur aus der Hocharktis bekannten Iglu Erfindungen wie Kajak, Tranlampe, Anorak, Hundeschlitten). Eine gewisse politische Eigenständigkeit suchten die Eskimos in den letzten Jahrzehnten durch die Schaffung eigener Organisationen und Institutionen zu erlangen, wie z. B. das North Slope Borough (Alaska), die Inuit Tapirisat of Canada und die Inuit Circumpolar Conference. Früchte trugen solche Bestrebungen 1993, als im Zuge einer Verwaltungsneugliederung die kanadischen Northwest Territories aufgelöst wurden und man den Ostteil (Nunavut) den dort ansässigen Eskimos zusprach. Bereits 1979 hatte die eingeborene Bevölkerung Grönlands ein Autonomiestatut erstritten, das bei dänischer Oberhoheit innere Selbstverwaltung vorsieht. Durch die Schaffung von kulturellen Einrichtungen und Genossenschaften (zur Vermarktung von Pelzen und Kunsthandwerk, v. a. Schnitzereien aus Speckstein und Walrosselfenbein) wird versucht, dem Verfall der ethnischen Identität entgegenzuwirken und neue Formen sozialer und wirtschaftlicher Organisation zu entwickeln.
 
Im religiösen Bereich setzten sich zum Teil christliche Glaubensvorstellungen gegen die traditionelle Annahme einer Allbeseeltheit der Umwelt durch (Schamanen dienten als Mittler zwischen übernatürlicher Welt und den Menschen, v. a. bei Jagdriten und Krankenheilung).
 
Die Musik der Eskimos in Sibirien, Alaska, Kanada und Grönland weist gemeinsame Merkmale auf, variiert aber in den verschiedenen Gruppen und Gebieten. Einstimmige Gesänge, meist auf pentatonischen Skalen basierend, begleiten Jagd- und Schamanenzeremonien, den Stapellauf von Booten sowie Handel und Geschenkeaustausch. Gesungene Dispute dienen zur Schlichtung von Streitfällen. Einen Großteil der Vokalmusik begleiten Tänze und Trommelrhythmen, geschlagen auf einer einfelligen Trommel mit Griff. Seltenere Instrumente sind Klappern, Rasseln, Holzblöcke, Schwirrhölzer und, seit vermehrten Kontakten mit der Außenwelt gegen Ende des 18. Jahrhunderts, auch Saiteninstrumente.
 
 
Die sibirischen Eskimos erhielten in den 1930er-Jahren eine eigene Schrift. Sie verwendeten zunächst die lateinische, dann die kyrillische Schrift. In Nordamerika war die Entwicklung nicht einheitlich: In Südalaska entstanden um 1900 lokale, auf dem lateinischen Alphabet basierende Schriftsysteme (heute nur noch ein System in Gebrauch). In Nordalaska entstand eine Schrift mit lateinischem Alphabet und diakritische Zeichen. In der kanadischen Arktis werden etwa ab 1900 verschiedene Schriftsysteme verwendet (zum Teil auf Silben, zum Teil auf Einzellauten basierend). Im 18. Jahrhundert führten Herrnhuter Missionare die Buchstabenschrift an der Labradorküste ein. In Grönland entwickelte der Missionar H. Egede um 1720 eine Buchstabenschrift. Um 1850 wurde ein Rechtschreibsystem geschaffen, das auf den Elementen der eigenen Sprache aufbaut. (Eskimo-Aleutisch, Grönländisch)
 
 
Um 3000 v. Chr. entfaltete sich in den Gebieten beiderseits der Beringstraße die »Arktische Kleingerätetradition«, die sich von ähnlichen Kulturen Sibiriens (Belkatschinsk) ableiten lässt. In ihren Trägern sieht man heute die Vorfahren der Eskimos. Von Alaska erfolgte sehr rasch der Vorstoß in die Ostarktis. Bereits gegen 2600 v. Chr. erreichten Siedler Nordwestgrönland (Gammel Nuulliit). Ab der 2. Hälfte des 3 Jahrtausends v. Chr. entstanden im gesamten Verbreitungsgebiet der Protoeskimos regionale Kulturvarianten: 1) die Nördlich-Maritime Tradition (70 v. Chr.-800 n. Chr.), 2) die Norton-Tradition (1530 v. Chr.-800 n. Chr.) Westalaskas, 3) an der Südwestküste Alaskas die Kachemak-Tradition (2305 v. Chr.-1200 n. Chr.) sowie 4) der Arktischen Kleingerätetradition eng verwandt, die Ostarktische Tradition (2400 v. Chr.-550 v. Chr.) mit den Varianten Saqqaq in der zentralen Hocharktis und Prädorset in der östlichen Niederarktis. Aus der Prädorsetvariante entwickelte sich die Dorsetkultur, die ab dem 15. Jahrhundert n. Chr. in der die gesamte arktische Küste erfassenden Thulekultur aufging. Letztere wiederum wurzelt in der Nördlich-Maritimen Tradition des Westens. Die alaskischen Traditionen wandelten das ursprüngliche Kleingerätemuster angesichts günstigerer Klimabedingungen und reicherer Ressourcen stark ab. So fanden sie, zudem ständig dem Einfluss sibirischer Kulturen ausgesetzt, zu besonderen Ausdrucksformen. Ihr Artefaktmaterial besteht überwiegend aus Harpunenspitzen aus Walrosselfenbein sowie aus verschiedenen Knochen- und Steingeräten, aber auch aus einfachen Tongefäßen mit Verzierungen durch Schnurprägemuster und Stempeleindrücke. Die meisten Funde, darunter besonders kunstvoll geschnitzte Elfenbeinarbeiten, entstammen v. a. Totenbestattungen der Okvik- und Alt-Beringmeer-Kultur der Nördlich-Maritimen Tradition, der Punuk-Phase der Thulekultur, besonders aber der Ipiutakkultur.
 
 
K. Birket-Smith: Die E.s (a. d. Dän., Zürich 1948);
 W. Lindig: Die Kulturen der E. u. Indianer Nordamerikas (1972);
 G. Swington: Sculpture of the E. (Greenwich, Conn., 1972);
 
Das große Buch der E., hg. v. H. Erpf (1977);
 J. Malaurie: Die letzten Könige von Thule. Leben mit E.s (a. d. Frz., Neuausg. 1979);
 H. Müller-Beck: Zur Archäologie der amerikan. Arktis, in: Beitrr. zur Allg. u. Vergleichenden Archäologie, Jg. 1 (1979);
 M. Platzer: Die E. der Keewatin-Region (1980);
 
Handbook of North American Indians, hg. v. W. C. Sturtevant, Bd. 5: Arctic (Washington, D. C., 1984);
 M. Maxwell: Prehistory of the eastern Arctic (Orlando, Fla., 1985);
 A. A. Haller: The spatial organization of the marine hunting culture in the Upernavik District, Greenland (Bamberg 1986);
 H.-D. Ölschleger: Indianer u. E. Zur Funktion interethn. Kontakte in der traditionellen Periode der Barren Ground-Region (1990).
 
II
Ẹskimo
 
[Fantasiebezeichnung] der, -(s), Moskawa, Double ['duːbl(ə), französisch], dickes Doppelgewebe aus Streichgarn für Wintermäntel mit je zwei Kett- und Schusssystemen. Die Oberseite erhält Strichappretur und weist beim Chinchillaeskimo Mohairkämmlinge oder Seidenfasern auf. Die Unterware besteht oft aus Reißwolle.
 

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1Ẹs|ki|mo, der; -[s], -[s] [1: indian. (nordamerik.) eskimantsik, eigtl. = Rohfleischesser]: 1. Angehöriger eines in arktischen u. subarktischen Gebieten (bes. Amerikas) lebenden mongoliden Volkes; Inuit: R das haut den stärksten E. vom Schlitten (salopp; das ist wirklich umwerfend, verblüfft einen sehr). 2. <o. Pl.> schwerer Mantelstoff.
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2Ẹs|ki|mo, das; -: Eskimoisch.

Universal-Lexikon. 2012.

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